Usedom
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Sonntag, 4,Mai 2008: Im Morgengrauen radele ich in Rekordzeit von einer halben Stunde bei Windstille zum Lübecker Bahnhof, lasse mich von dort gen Osten durch herrlich anzuschauende Bodennebelfelder kutschieren, steige in Bad Kleinen, Rostock, Stralsund und Züssow um und in Zinnowitz auf einer der schönsten deutschen Insel - Usedom - aus. Während es in Ostholstein derzeit sonnig ist, gab es unterwegs Richtung Osten einige Wolken, aber als ich die Seebrücke von Zinnowitz mit der Tauchglocke an der Spitze betrete, wagt sich die Sonne wieder durch die dünnen mittelhohen Wolken.

 

Hier soll nun also meine heutige Radtour an der Usedomer Küste Richtung Südosten starten. Am Strand ist es kühl, für Radfahrer jedoch von der Temperatur her ideal.

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Zunächst geht es relativ eben durch die Landschaft, teilweise auf einer befestigten Deichkrone entlang.

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Am Strand von Koserow haben ein paar mutige Sonnenanbeter einen Windschutz aufgestellt und sonnen sich in Ruhe, die sie im Hochsommer an dieser Stelle sicher nicht hätten...

Nach einigen Kilometern ist die ebene Strecke vorbei. Jetzt wird’s gebirgig. Es geht hinauf auf den Streckelsberg, eine beinahe 60 Meter hohe Stauchmoräne, die von der Ostsee allmählich abgenagt wird. Hier befand sich im Krieg eine Beobachtungsstation, wo die Flugbahn der Raketen von Peenemünde nach Danzig beobachtet wurde.

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Der Ausblick hinunter zum Strand ist prächtig um diese Jahreszeit. Ich liebe das Farbgemisch des blauen Himmels und der Ostsee, das frische Maigrün und den hellen Sand.

Um diesen Ausblick zu erreichen, muss man vom normalen Ostseeküsten-
wanderweg abweichen, der am Fuß der Moräne entlangläuft. Hier hinauf führt ein teilweise sehr steiler Weg, der auch von Treppen unterbrochen ist.

 

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Am Kliffufer geht es weiter Richtung Osten, mit immer wieder schönen Ausblicken. Der Weg hier ist allerdings recht schwer befahrbar und erfordert schon Aufmerksamkeit und eine gute Bereifung.
Nach einigen Kilometern kommt man wieder auf den Ostseeküstenradwanderweg, der hier allerdings in Berg- und Talfahrt und dreimal hintereinander mit einem Gefälle von 16% die Landschaft durchschneidet. Übrigens: Abgestiegen ist hier niemand, zu verführerisch ist die Beschleunigung von 0 auf 50 innerhalb weniger Sekunden...

Am Ende der Moräne taucht nach einigen Kilometern das erste Kaiserbad - Bansin - auf, ein gemütlicher Ort mit vielen and en Hang geschmiegten Häusern.

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Von hier ist schon die überdachte Seebrücke von Heringsdorf zu sehen, wo ich - ganz dem Namen entsprechend - ein Heringsbrötchen... na gut, es war Matjes... verzehre, köstlich mit Salat, Tomaten und Unmengen von Zwiebeln belegt.

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Das Wetter wechselt übrigens ständig: sonnige Abschnitte und Durchzug dünner hoher und mittelhoher Wolkenfelder

Auf der hervorragend für Radfahrer und Fußgänger geteilten Seepromenade habe ich bald auch das östlichste Kaiserbad Ahlbeck erreicht. Hier ragt eine über 500 Meter lange Brücke in die Ostsee hinaus, am Beginn der Seebrücke (Bild) befindet sich eine Restauration, die um diese Mittagszeit trotz des kühlen Windes gut besucht ist.

Hinter Ahlbeck wird es einsamer, die Promenade geht in einen Waldweg über, der walweg in einen Plattenweg und urplötzlich taucht die Grenze nach Polen auf. Noch vor zwei jahren war hier die Welt zu Ende, jetzt gibt es über den Grenzstreifen hinweg einen (illegalen) Übergang nach Polen, den ich zunächst zögernd und mit einem mulmigen Gefühl benutze...

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Hinter dem Grenzstreifen führt der Radweg durch den Wald, dann über eine Plattenstraße, kommt dann in zivilisiertere Gebiete und schnell ist die Promenade von Swinoujscie (Swinemünde) erreicht, die sich vom Chic her doch etwas von den Promenaden in Deutschland unterscheidet.

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Einen “Hamburgery” oder “Hot-Dogi” esse ich nicht, denn ich habe keine Zlotys getauscht. Stattdessen geht es an den “Plaza” (Strand), über dessen Breite die Kurdirektoren an der schleswig-holsteinischen Küste sicher neidisch werden könnten...

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Von hier aus erkunde ich die Swinemündung, besuche zwei Forts aus dem 19. Jahrhundert, schaue den Anglern am Hafen von Swinemünde zu und versuche dann den Weg zurück nach Deutschland zu finden. Gar nicht so einfach! In Deutschland waren die Radwege hervorragend ausgeschildert, hier steht komischerweise alles auf Polnisch ;-)
Ich “unterhalte” mich mit einem älteren Herrn in Zeichensprache und finde so die Straße in Richtung Ahlbeck. Noch ein kurzer Besuch auf dem Polenmarkt mit vielen nachgemachten und originalen Dingen zu guten Preisen, und ich falle wieder in Ahlbeck-Grenze ein, wo der Zug der Usedomer Bäderbahn (UBB) schon auf mich wartet.

Hier sollte das Radabenteuer eigentlich beendet sein, ich wollte gemütlich nach Hause zurückfahren und noch etwas vom Abend haben, ABER ES KAM ALLES GANZ ANDERS!

Gut, die UBB rollte gemächlich durch Usedom, ich hatte einen tollen Sitzplatz, der Zug hielt an jeder Milchkanne und war nach einer guten Stunde am Umsteigebahnhof Züssow. Hier sollte der Zug nach Stralsund fahren. ER kam auch, allerdings sagte der Bahnhofssprecher, dass der Zug hier enden würde und nach Pasewalk zurückführe, weil der Gegenzug einen Treibwerksschaden hatte. Wir sollten halt die nächste UBB nach Stralsund benutzen, die in einer Dreiviertelstunde fuhr.

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Damit war natürlich der Anschlusszug in Stralsund weg, der nächste fuhr um 20 Uhr...
Ich hatte keine Lust, am Bahnhof gelangweilt in der Nase zu popeln, also radelte ich in die Innenstadt von Stralsund, wo ich am Neuen Markt zum Glück einen Subway-Laden entdeckte, den “Sub des Tages” verzehrte und mit einem Liter Cola nachspülte. Ein schöner Blick auf eine der Kirchen Stralsunds ließ mich den Groll auf die Bahn vergessen.

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Auf meiner Rundfahrt durch die Innenstadt erkannte ich, wie schön Stralsund doch war. Die Stadt erinnert stark an Lübeck mit ihren zahlreichen Backsteinbauten.

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Ein Abstecher zum Strelasund durfte auch nicht fehlen...

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--- ebenso wie der Blick auf die neue Brücke nach Rügen hinüber.

 

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Auf der Fahrt zum Bahnhof zurück zeigte mir Stralsund noch einmal seine schöne Breitseite...

Am Bahnhof angekommen musste ich feststellen, dass der 8-Uhr-Zug sieben Minuten Verspätung hatte. OK, das sollte zum Umsteigen in Rostock reichen. Leider jedoch hielt dann der Zug gut 10 MInuten in Ribnitz-Damgarten, um einen verspäteten Intercity passieren zu lassen. Das erhöhte die Verspätung so sehr, dass ich damit rechnete, den Anschlusszug in Rostock zu verpassen (und damit auch den weiteren Anschluss in Bad Kleinen, den letzten Zug in Richtung Lübeck...). Doch kurz vor dem Bahnhof kam die Durchsage, dass der Zug nach Bad Kleinen auf Gleis sowieso warten würde. Alles stürmte dorthin, nachdem der Zug in Rostock gehalten hatte. Doch..... das Gleis war leer! Sollte der Zug doch schon abgefahren sein? NEIN, er war noch gar nicht da! Nach 20 Minuten kam er und hatte nach der Abfahrt eine Verspätung von 30 Minuten. Die Umsteigezeit in Bad Kleinen sollte 10 Minuten betragen. Banges Überlegen war angesagt: Sollte ich bei Verpassen des Zuges mit dem Rad von Bad Kleinen nach Ratekau (gut 60 km)? Sollte ich auf dem Bahnhof übernachten und den ersten Frühzug nehmen? Zum Glück kam die erlösende Nachricht, dass der Zug nach Lübeck wartete, kurz vor dem Bahnhof Bad Kleinen. Kaum erwähnenswert ist, dass der Zug nach Lübeck dann auch noch ein Reh auf der Strecke erwischte, was zum Glück den Zug nicht aus dem Gleis warf....
Gegen 23:30 Uhr war ich dann zu Hause, hatte 75,5 Kilometer auf dem Radcomputer und einen gewissen Groll gegen die Bahn.... ;-)

Dennoch: Schön war der Tag, vor allem keinesfalls langweilig. Usedom ist nicht das “Sylt des Ostens”, wie viele behaupten, sondern wesentlich schöner. Tolle Landschaft, hervorragend ausgeschilderte Radwege (ganz im Gegensatz zu Rügen), auf jeden Fall eine Reise wert!

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